In den vergangenen Tagen war bei mir persönlich wieder einiges los. Mein kleiner Sohn war kränklich, ich selbst auch etwas angeschlagen (und schwanger), beim Hausbau war einiges zu erledigen, beruflich standen viele Termine an und auch meine weiteren „Projekterl“ (wie ich sie so schön nenne) erforderten einiges an Aufmerksamkeit meinerseits.

Dabei wurde mir wieder bewusst, wie wichtig es ist, gerade in solchen herausfordernden Zeiten ausreichend Energie zu tanken. Mir persönlich schenkt dabei vor allem das Sein in der Natur und das „Fühlen“ dieser mit allen Sinnen unglaublich viel Kraft. Im Zuge meiner regelmäßigen Selbstreflexionen musste ich wieder an meinen großen „Gamechanger“ in den letzten Jahren, nämlich „Achtsamkeit im Alltag“, denken. Achtsamkeit ist ein Begriff, der derzeit in aller Munde ist. Manche beschreiben ihn sogar als „Unwort“ unserer modernen Gesellschaft – spätestens seit Beginn der Covid-19-Pandemie. Es gibt unendlich viele Accounts auf den unterschiedlichen Social Media Plattformen und zahlreiche Ratgeber in unterschiedlicher Form (ob als Bücher, Podcasts oder was auch immer) zu diesem Thema. Dabei wird versucht, uns zu erklären, wie wichtig es ist, so oft wie möglich achtsam im Alltag zu sein, im Hier und Jetzt zu leben und damit ein glückliches und erfülltes Leben zu führen.

Diese kontinuierliche Präsenz im Hier und Jetzt – zu 100% – ist meines Erachtens nach ein unerreichbares Ziel. Aber darum geht es beim eigentlichen Achtsamkeitskonzept auch gar nicht. Eine der bekanntesten Definitionen des Begriffs der Achtsamkeit („mindfulness“) stammt von Jon Kabat-Zinn. Sie lautet: „Mindfulness is the awareness that arises through paying attention in a particular way: on purpose, in the present moment, and nonjudgmentally.“ Es geht also um eine Art von Aufmerksamkeit, die absichtsvoll ist, sich auf den gegenwärtigen Moment bezieht und nicht wertend ist. Dabei kann sich diese Aufmerksamkeit bzw. Bewusstheit sowohl auf Ereignisse und Erlebnisse in uns selbst beziehen – also z.B. auf Körperfunktionen, Gefühle oder Gedanken, als auch auf Ereignisse außerhalb von uns, also z.B. in Form von Aufmerksamkeit gegenüber dem, was wir sehen, hören, riechen, schmecken oder spüren.

Gerade diese absichtsvolle Aufmerksamkeit ist daher die erstrebenswerte Form von Achtsamkeit. Ich persönlich plane gerne und finde es ehrlich gesagt auch okay, sich Gedanken über die Zukunft zu machen, Aufgaben zu planen. Genauso finde ich es in Ordnung, hin und wieder in der Vergangenheit zu schwelgen, sie zu reflektieren und daraus zu lernen. Wichtig ist meines Erachtens nach nur, dass wir dies bewusst tun und uns auch hierfür bewusst Zeit nehmen.

Neben dieser absichtsvollen Aufmerksamkeit ist eine weitere wesentliche Komponente der Achtsamkeit eine offene Grundhaltung, also das bewusste Wahrnehmen von etwas ohne zu werten, ohne etwas zu erwarten und ohne etwas ändern zu wollen. Gerade diese offene Grundhaltung – und das zeigen uns sehr viele Studien – kann uns dabei helfen, im Alltag bewusst positive Gefühle wie Lebendigkeit, Berührtsein, Dankbarkeit, Verbundenheit, tiefe Liebe oder aber Lebensfreude zu empfinden. Umgekehrt finde ich es spannend, sich einmal, wenn man gerade Unzufriedenheit verspürt, die Frage zu stellen: Warum bin ich unzufrieden? Warum bin ich unglücklich? Und fast immer ist es so, dass wir entweder unglücklich oder unzufrieden wegen etwas sind, das in der Vergangenheit passiert ist (oder eben nicht passiert ist) oder wir machen uns Sorgen über etwas, das VIELLEICHT in der Zukunft eintreten KÖNNTE. Nur sehr selten sind wir wirklich aufgrund des gegenwärtigen Momentes unglücklich oder unzufrieden.

Das Tolle am Achtsamkeitskonzept ist, dass wir Achtsamkeit wie eine Art Muskel trainieren können. Und hierfür gibt es unendlich viele Methoden und Techniken. Aus gesundheitswissenschaftlicher Sicht möchte ich unbedingt erwähnen, dass es mittlerweile sehr viele Studienbelege dafür gibt, dass Achtsamkeit im Alltag bzw. die Anwendung bestimmter Achtsamkeitstechniken gesundheitsförderliche Effekte hat. Unter anderem fördert Achtsamkeit das subjektive Wohlbefinden, verbessert die Schlafqualität, trägt zu einer individuell wahrgenommenen höheren Lebensqualität bei und kann gleichzeitig zahlreiche Symptome für psychische Erkrankungen reduzieren.

Nach langer Auseinandersetzung mit dem Thema Achtsamkeit und eigener Anwendung unterschiedlicher Achtsamkeitstechniken habe ich für mich persönlich vier Eckpfeiler bzw. Bausteine achtsamen Lebens identifiziert, die jede*r von uns aufbauen kann.

  1. Achtsamkeit gegenüber dem eigenen Körper, den eigenen Gefühlen und Gedanken – Dabei geht es u.a. darum, die Signale des eigenen Körpers wahrzunehmen und auch darum, die eigenen Grenzen zu erkennen, festzustellen, wann es Zeit ist zu ruhen – körperlich und geistig.
  2. Bewusstes Regulieren der eigenen Aufmerksamkeit
  3. Achtsamkeit bei alltäglichen Handlungen (ob beim Zähneputzen, beim Erledigen des Haushalts, beim Essen, beim Gehen oder anderen Tätigkeiten)
  4. Schaffen der entsprechenden Rahmenbedingungen, um achtsames Handeln im Alltag überhaupt zu ermöglichen – Hierzu ist es notwendig, „Achtsamkeitskiller“, die deine Aufmerksamkeit stehlen, zu identifizieren und so gut wie möglich zu eliminieren.

Zusammenfassend möchte ich betonen, dass Achtsamkeit im Alltag ein kontinuierlicher (persönlicher) Entwicklungsprozess ist. Manches Mal  gelingt diese Form von Präsenz besser, manches Mal weniger gut. Wichtig ist es meiner Ansicht nach, sich immer wieder bewusst ins „Hier und Jetzt“ zu holen, sich immer wieder bewusst dafür zu entscheiden, jetzt etwas zu tun (oder eben nicht zu tun) und einzelne Momente, die Kraft und Energie schenken, mit allen Sinn wahrzunehmen und zu genießen.

Wenn dich das Thema „Achtsamkeit“ näher interessiert, kannst du gerne in meine Podcastfolgen #43 und #44 reinhören, in denen ich mich umfassend damit auseinandersetze. Zudem stelle ich dir mit den Folgen #7 (Bodyscan), #9 (Achtsames Essen), #12, #24, #26, #48, #64 (Meditationen), #18 (Achtsamkeit im Home-Office), #21, #27 (Yoga) sowie #41 und #42 (Atemtechniken) konkrete Achtsamkeitstechniken vor, die dir dabei helfen können, deine Achtsamkeit zu trainieren.